Inspiration zur Wochenmitte und Gute Frage der Woche
Über Stille, Verzicht und Osttiroler Heimatkunde
Ich war im Urlaub. Zwei knappe, wunderbare, lange Wochen lang. Daher setzte der Newsletter auch einmal aus und kommt heute mit einem Tag Verspätung. Die meiste Zeit war ich in einem Gebiet, in dem das Wlan volatil und der Telefonempfang nicht messbar war. Weil es soviel anderes zu tun gab (Tiere beobachten, wandern, atmen, lesen, schauen, …) ist mir dann auch nicht aufgefallen, auf was ich alles verzichtet habe, was mich normalerweise im Alltag so beschäftigt und Zeit frisst. Klar - Social Media. Aber auch Newsseiten- Konsum, LinkedIn, grundsätzlich alles lesbare und sinnlose rumgescrolle. Die ersten paar Tage waren die Routinen noch drin und es irritierte mich, dass sich nichts tat - weil kein Empfang. Aber nach ein paar Tagen liess das nach und ich hatte auf einmal Muße. Morgens den Kühen zuzuschauen, die auf die Wieder trotteten, abends den Schwalben, die das letzte Futter für den Nachwuchs zusammenjagten. Die Katze, die morgens und abends für ein paar Streicheleinheiten vorbeikam. Und keine Termine. Kein Muss. Nur Kann. In meinem Hinterkopf rumorte es ein paar Tage immer noch ein bisschen rum “Du musst doch…”und “Du hast noch nicht…”, aber auch das wurde weniger. Unsere Vermieterin begrüßte uns mit den Worten “…was ist heute für ein Tag? Ich vergesse das immer wieder”. Das fand ich bemerkenswert.
Außerdem lass ich ca. zehn Bücher in acht Tagen, kenne mich jetzt mit den Erbfolgeregelungen und den Hofnamen in Osttiroler Nebentälern aus und hörte Podcasts. Eine Randnotiz, die hängen blieb, war aus dem Alpenpodcast, dass wir Deutschen ca. acht Liter Eis, sprich ca. 64 Kugeln pro Jahr verputzen. Und damit sind wir noch zahm, die Letten oder Finnen essen viel mehr… Aber egal - die Frage, die mir sofort im Kopf umherschwirrte war: Wenn mir etwas gleichgültig ist (und Eis ist mir ziemlich gleichgültig), ist es dann Verzicht, wenn ich es nicht tue? Oder ist Verzicht nur Verzicht, wenn etwas weh tut? War die Social Media-Abstinenz (erzwungen, weil kein Netz) Verzicht? Oder nicht, weil es soviel spannendere Dinge gab (siehe Aufzählung oben)? Und bin ich dann in der Lage, meinen persönlichen Verzicht selbst zu definieren? Im Angesicht der aktuellen, politischen Diskussionen zum Thema Verzicht vielleicht eine gute Inspiration, das mal zu hinterfragen.
Inspiration der Woche
Aufgrund der Internetabstinenz gibt es zwei Bücher, die in der Ferienwohnung herumlagen und die ich gelesen habe. Das Eine vom Reyjkjaviker Bürgermeister 2010-2014 (Jon Gnarr - Hören Sie gut zu und wiederholen Sie) und Erlin Kagge - Stille. Das stand schon lange auf meiner Liste und hat mir ein paar gute Gedanken für mein eigenes Buchprojekt geliefert. Viel Spaß beim Entdecken!